Denn um drei Kronen geht es unter
anderem in dem Stück, und zwar um keine geringeren Kronen als jene
der Heiligen drei Könige. Die Vorstellung läuft über vier Aufzüge
und bedient sich dabei drei verschiedener Bühnenbilder. Los geht es
in Schäls Trödelladen, dann folgt das Stadtbild von Knollendorf,
danach der Dreikönigsschrein im Kölner Dom und schließlich wieder
Schäls Laden. Für diejenigen, die es nicht wissen: Knollendorf ist
natürlich nichts anderes als das alte Köln.
Als Kind war das kleine Hänneschen
meine Lieblingsfigur, doch längst schon ist es der Schäl. Das
wiederum bedeutet Scheel, weil der Kerl schielt. Schäl spielt
meistens die Rolle des fiesen Burschen, der jedoch im Laufe der
Handlung geläutert wird. So auch in diesem Fall. Der Geizkragen führt ein
kleines Geschäft, in dem er seinen Kunden Ramsch als wertvolle Antiquitäten verkauft und seine Angestellten Tünnes und Speimanes ausbeutet. Den beiden armen Kerlen untersagt er, Feierabend zu machen, weil noch so
viel zu tun sei. Dabei möchten der Tünnes und der Manes schnellstmöglich nach
Hause, weil Weihnachten ist.
Schäl indes hat mit Weihnachten nichts
am Hut. Er verabscheut das Fest geradezu. Später wird sich der Grund
herausstellen. Als er ein kleiner Junge war, starb seine Mutter
ausgerechnet an Heiligabend, und so sieht er den Totenkarren immer
noch an sich vorbeiziehen. Die Aufklärung dieses Hintergrunds
erschließt sich den Zuschauern in Form eines Zeitsprungs in die
Vergangenheit. Man kann also glatt von einer Science
Fiction-Geschichte sprechen.
Im weiteren Verlauf der Handlung kommt
es zu einer Reihe von Irrungen und Wirrungen, die dazu führen, Schäl
auf den rechten Weg zu bringen. Er erleidet einen Herzanfall, bekommt von seinem Arzt eine düstere Prognose gestellt und verkracht sich mit anderen Knollendorfern. Das passt den beiden Kindern Hänneschen
und Bärbelchen gar nicht, weil sie sich auf ein friedliches Weihnachtsfest freuen. Wie immer sind vor allem sie es, die wichtige Beiträge zum Zustandekommen des glücklichen
Endes leisten.
Doch diesmal erhalten sie unerwartete Unterstützung von drei Stadtstreichern, jeder mit einer
eigenen kleinen Geschichte und mit einer wertvollen Gabe im Gepäck. Diese Schätze erlangen ihren Wert aber nur, wenn sie mit drei zugehörigen Kronen in Verbindung gebracht werden. Man ahnt es bereits, es handelt sich um die Kronen der heiligen drei Könige. Irgendwann
begreift der verbiesterte Schäl, dass es seine Bestimmung ist, die
drei Kronen an den Ort zu bringen, an den sie gehören, nämlich eben
zum Dreikönigenschrein im Kölner Dom.
Dieses Bühnenbild war für mich das
Schönste. Obwohl ich die Stadtansicht von Knollendorf mag, kam der
wundervoll präsentierte Schrein besonders beeindruckend rüber. Das
lag vermutlich an seiner exaltierten Darstellung inmitten ansonsten reduziert arrangierten optischen Beiwerks.
Als sich die
Kronen wieder an ihrem angestammten Platz befinden, geht Schäl das
Herz auf, und der Weihnachtshasser begreift endgültig den Sinn des Weihnachtsfestes,
was sich dann im vierten Aufzug zeigt. In seinem Trödelladen steht nicht
nur ein prächtig geschmückter Baum, der bekehrte Schäl spendiert
zudem den ungläubigen Tünnes und Speimanes eine Gratifikation und
zudem eine Gehaltserhöhung. Bevor am Ende der Vorhang fällt, singen
diese und alle anderen in der Handlung auftauchenden Puppen gemeinsam
mit den Zuschauern ein Weihnachtslied.
Ich hatte Spaß an der Geschichte,
auch wenn sie natürlich nach einem vertrauten Muster gestrickt und
stellenweise vorhersehbar ist. Doch man muss bedenken, dass es sich
um eine Aufführung für Kinder handelt, wenn von diesen auch nur
wenige unter den zahlreichen Erwachsenen vertreten waren. Das fiel
mir noch nie so sehr auf wie in diesem Jahr.
Einen erhobenen Zeigefinger gibt es
übrigens nicht, auch wenn das an der einen oder anderen Stelle in
diesem Text so klingen mag. Dafür kommt die Geschichte viel zu
locker und humorig rüber und ist garniert mit zahlreichen kleinen
Gags, die für Gelächter sorgten. Es wird Zeit, dass ich
mir mal eine Hänneschen-Aufführung außerhalb des Karnevals- und
des Weihnachtsprogramms ansehe. Was läge da näher, als mich im
kommenden Frühjahr für Schälock Holmes zu entscheiden? Der Schäl
als Sherlock Holmes? Das stelle ich mir jetzt schon köstlich vor.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen