Schon in den Siebzigern war Springsteen als die Zukunft des Rock'n'Roll gepriesen worden, doch erst in der folgenden Dekade katapultierte ihn das „Born in the USA“-Album in die Stratosphäre und machte ihn zum Superstar, dem die Massen folgten. Was Springsteen gar nicht so recht war, wie man meinen sollte und wie der Artikel aufzeigt. Da wollte er wieder raus, deshalb das reduzierte, fast minimalistische und vor allem düstere Album „Nebraska“ ohne die E-Street Band. Interessant, wusste ich nicht. Die Achterbahnfahrt aus epischen Höhenflügen und niederschmetternden Tiefpunkten war hausgemacht, weil der Boss mit sich selbst, seinem Leben und seinen Erfolgen zurechtkommen musste. Allein dieser Artikel, der mir einiges Neue vermittelte, war die komplette Ausgabe wert. Meinetwegen hätte er länger und ausführlicher sein können. Ergänzend bespricht David Numberger die – seiner Meinung nach – besten Springsteen-Songs des damaligen Jahrzehnts. Einige davon sind auch für mich unverzichtbar, andere nicht. Das ist wie immer Geschmackssache.
Die beiden anderen längeren Artikel
des Hefts beschäftigen sich mit Janis Joplin und den Ramones. Bill
DeMain beleuchtet Janis' Schicksal, als sie nach anfänglichen
Erfolgen in ihren Heimatort Port Arthur zurückkehrte, um ein
normales Leben zu führen, dann aber doch wieder in San Francisco
landete und zum Superstar wurde. Kris Needs beleuchtet die dunkle
Seite der Ramones, ihre Traumata, ihre Krankheiten und das
gegenseitige Mobbing. Traurig, im Nachhinein erst recht, und da sie
nun alle tot sind sowieso. Mitte der Siebziger waren die Ramones
etwas Besonderes, etwas Neues, und wie Motörhead traten sie dem
Rock'n'Roll richtig in den Arsch. Heute, vierzig Jahre nach
Erscheinen ihres selbstbetitelten Debütalbums, sind sie immer noch
etwas Besonderes, auch wenn keiner von ihnen mehr da ist.
Von Mudcrutch hatte ich bis zu dieser Ausgabe von Classic Rock noch nie gehört. Es handelt sich um die Band, in der Tom Petty – am Bass! – spielte, bis sie sich Mitte der Siebziger Jahre auflöste und er die Heartbreakers gründete. Nun sind Mudcrutch wieder zusammen, mit Tom Petty, und haben kürzlich ein Album veröffentlicht. Das interessiert mich natürlich, kein Wunder bei Pettys kompromisslosem Gitarrenrock, egal ob mit den Heartbreakers oder den Traveling Wilburys. Danke an den Artikelschreiber Jörg Staude, der mich mit der Nase auf Mudcrutch gestoßen hat.
Und was gibt es darüber hinaus sonst
noch? Beach Boy Brian Wilson, geistiger Vater von „Pet Sounds“
und „Smile“, zeigt sich im Interview knapp und kurz angebunden,
aber begeistert. Die Rock-Mythen beleuchten das zweite Leben der Anna
Mae, und das ist keine geringere als Tina Turner. In der Rückblende
beleuchtet Joe Perry Dude und das dazugehörige Album
„Permanent Vacation“, das Aerosmith 1987 zurück in die
Rock-Oberliga schoss. Gitarrenikone Michael Schenker, einer der
wenigen deutschen Gitarristen von Weltrang, ist mit seiner aktuellen
Truppe „Temple of Rock“ aktiver denn je. Allerhand und allerlei
also, und wie immer eine lesenswerte Ausgabe für den geneigten
Rockmusikkonsumenten.
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