Im Jahr 1984 war ich bei der Bundeswehr
und hatte bereits einige Konzerte hinter mir. An einen Auftritt von
Deep Purple dachte ich da längst nicht mehr. Wie denn auch?
Schließlich existierte die Band seit acht Jahren nicht mehr. Dann
berichteten die Kölner Tageszeitungen, die Rocklegenden hätten sich
wieder zusammengerauft und ein neues Album sowie eine ausgedehnte
Tour ständen auf dem Programm. Ich erinnere mich an ein
Preisausschreiben. Ich glaube, es war im Express, aber die Erinnerung
könnte mich trügen. Es galt zu raten, welche der alten Stücke die
wiederformierte Band auf ihrer Konzertreise spielen würde.
Ein neues Album, die Vorstellung fand
ich nett. Da ich aber inzwischen von „Machine Head“, „In Rock“,
„Fireball“ und dem Live-Meisterwerk „Made in Japan“ infiziert
war, erwartete ich keinen großen Wurf. Was sich als Irrtum erweisen
sollte, denn das Reunion-Album „Perfect Strangers“ zählt für
mich zu den besten Purple-Platten. Ungleich mehr als auf die Scheibe
freute ich mich jedoch auf die Tour. Mein Jahre zuvor gehegter und
schließlich ad acta gelegter Traum schien in Erfüllung zu gehen.
1985 war die Band auf Tour, und sie spielten ein Open Air auf dem
Maimarktgelände in Mannheim. Vermutlich gab es kein Konzert in
meiner Nähe, sonst wäre ich nicht nach Mannheim gefahren, per
Anhalter, wenn ich mich recht entsinne. Oder doch mit der Bahn? Ich
weiß es nicht mehr. Jedenfalls hätte mich nichts davon abhalten
können.
Vor den Headlinern traten vier Bands
auf: Meat Loaf, Mountain, Roger Chapman und die Lokalmatadoren Rodgau
Monotones. Gleichwohl teils klingende Namen, dürften mir die
Vorgruppen ziemlich egal gewesen sein. Ebenso dass es, so meine ich
mich zu erinnern, über weite Strecken des Tages regnete. Es war der
29. Juni und mein erstes, jahrelang nicht für möglich gehaltenes
Deep Purple-Konzert. Zwei Jahre später sah ich sie in der alten,
heute längst nicht mehr existenten Kölner Sporthalle und in den folgenden
drei Dekaden immer mal wieder, zuletzt 2015 in der Arena in
Oberhausen.
Vor wenigen Monaten wurde dann ein neues
Album angekündigt. Bei dem Titel „inFinit“ schossen die
Spekulationen über ein bevorstehendes Ende der Band ins Kraut. Zudem
wurde die anstehende Welttournee als „The Long Goodbye Tour“
angekündigt. Verdenken könnte man den altgedienten Recken den
Rückzug ins Privatleben nicht, schließlich sind sie um die Siebzig.
In einem Interview in der April-Ausgabe des Musikmagazins Classic
Rock und auch an anderer Stelle relativierte Schlagzeuger Ian Paice,
der übrigens als Kind zwei Jahre in Köln lebte, die
schlimmsten Befürchtungen. Zwar sei das Ende der Band unvermeidlich,
doch auch wenn dies die letzte ausgedehnte Welttour sei, können die
Musiker sich durchaus vorstellen, kleinere Reisen mit wenigen
Auftritten in verschiedenen Kontinenten zu unternehmen. Nicht mal ein
weiteres Album schließt der Drummer kategorisch aus. Voraussetzung sei
natürlich, dass sie alle gesund blieben.
Nun hielt das Hardrock-Flaggschiff in
der KölnArena Einzug. Es war das erste Mal, dass ich Deep Purple an diesem Auftrittsort erlebte. Sie begannen mit Time for Bedlam, einem von vier
Songs des neuen Albums, die zeigten, dass sich die aktuellen Stücke
hinter den Klassikern nicht zu verstecken brauchen. Die folgten dann
mit Fireball, Bloodsucker und Strange Kind of Woman in rascher Folge.
Ian Paice und Bassist Roger Glover spielten beherzt wie seit fast
fünfzig Jahren. Ian Gillan, bei dem ich immer fürchte, dass die
Stimme versagt, belehrte mich zum wiederholten Mal eines besseren. Gitarrist Steve Morse sowie Keyboarder Don Airey sind schon lange
viel mehr als bloßer Ersatz für Ritchie Blackmore und Jon Lord –
auch wenn diese beiden im Line Up der Band für mich unerreicht
bleiben. Morse ist ein hervorragender Gitarrist, und Aireys
ausgedehntes Solo erinnerte an Glanzzeiten des großen Jon Lord. Da
standen fünf wunderbare, fünf beseelte Musiker auf der Bühne, die sich ihres
Könnens und ihrer Fähigkeiten bewusst sind, die nichts mehr
beweisen müssen und vielleicht gerade deswegen umso mehr Spaß an ihrem eigenen Spiel haben.
Es entwickelte sich ein Parforceritt
durch die Jahrzehnte und durch die verschiedenen Schaffensphasen der
Band. Als Perfect Strangers vom Wiedervereinigungsalbum
erklang, ahnte man, dass es dem Finale entgegengeht, das dann mit
Smoke on the Water, wie könnte es anders sein, seinen
Höhepunkt erreichte. Lautstark wurde der große Klassiker aus mehreren
tausend Kehlen mitgesungen. Als Zugabe gab es dann wie von mir
erwartet Hush vom allerersten Album von 1968 und schlussendlich das
abermals von den Fans mitgesungene Black Night.
Keine Frage, Deep Purple präsentierten
sich noch einmal wie zu besten Zeiten. Ich kann mir nicht vorstellen,
dass sie wirklich aufhören. Dazu sind sie zu spielfreudig, zu sehr
voller Energie und einfach noch viel zu gut. Dieses Konzert wäre
zwar ein würdiger Abschluss für mich, aber Ian Paice's
zurückhaltende Andeutungen im Interview lassen mich hoffen, dass es
das noch nicht war mit Deep Purple. Ansonsten ginge für mich
wirklich eine Ära zu Ende. Aber mindestens einmal möchte ich gern noch
– nun ja, es steht in der Überschrift.
Setlist: 1. Time for Bedlam / 2. Fireball / 3. Bloodsucker / 4. Strange Kind of Woman / 5. Johnny's Band / 6. Uncommon Man / 7. The Surprising / 8. Lazy / 9. Birds of Prey / 10. Hell to Pay / 11. Keyboard Solo / 12. Perfect Strangers / 13. Space Truckin' / 14. Smoke on the Water / 15. Hush / 16. Bass Solo / 17. Black Night.
Habe DP am 13.06. in Berlin gesehen (war mein 19. Deep Purple-Konzert)und sie waren erstklassig. Kann Deinen Bericht nur voll und ganz bestätigen. Und ich bin mir sicher: Im nächsten Jahr, dem 50jährigen Bühnenjubiläum der Band, werden wir Smoke on the Water sicherlich noch einmal live hören und sehne können. :)
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