Die laufende Tour trägt – ganz
BAP-untypisch – keinen Namen. Bei mir firmiert sie unter der
Bezeichnung Familientour. Denn Wolfgang Niedecken hat zuletzt in New
Orleans sein sogenanntes Familienalbum aufgenommen. Darauf, auf den
Inhalt und auf seine Familie wird er in den gut drei Stunden
Spielzeit immer wieder eingehen. Ich habe das Gefühl, je älter der
mittlerweile 67 Jahre zählende BAP-Chef wird, desto enger wird die
Verbindung zu seinem Clan. So grüßt er zwei seiner Tanten, die
irgendwo in der mit 13.000 Besuchern gefüllten Arena sind, die eine
davon 98 Jahre alt. Seinem längst verstorbenen Vater widmet
Niedecken mehrere Stücke, seiner Mutter, über die er zudem die eine
oder andere Anekdote preisgibt, desgleichen.
Los geht es gleich rockig mit Drei
Wünsch frei und dem Waschsalon vom zweiten Album. Wer aus
einem Fundus von über fast vier Jahrzehnte erschienenen Alben
auswählen kann, besitzt eine glänzende Ausgangsposition, um keinen
Moment musikalische Langeweile aufkommen zu lassen. Das belegt die
Band eindrucksvoll und routiniert. Man merkt schnell, dass BAP hier
ein Heimspiel genießt. Das Publikum ist ausgesprochen textsicher,
und die Musiker auf der Bühne werden frenetisch gefeiert. „Oh, wie
ist das schön“, schallt es vieltausendstimmig durch die Halle.
Kein Wunder, denn da vorn steht eine echte kölsche Legende.
Ich bekomme viele meiner
Lieblingsstücke zu hören, viel von den Salzjebäck- und
Usszeschnigge-Alben. Auch das spätere Nix wie bessher darf
nicht fehlen. Überraschungen gibt es auch. Den Jebootsdaachpogo,
von dem ich nicht weiß, ob ich ihn überhaupt jemals live erlebt
habe, gibt es in einer Cajun-Version. Die dreiköpfige Bläsersektion,
bestehend aus Trompeter, Posaunist und Saxophonist, stellt sich als
echte Bereicherung heraus. Besonders positiv fällt das auf bei den
Intros, die früher zu einigen Songs einfach dazugehörten,
beispielsweise bei Diss Nach ess alles drin oder dem
legendären Klassiker Jupp. Die Bläser reihen sich mühelos
ein in die Riege großartiger Musiker, die Wolfgang Niedecken zur
jüngsten Reinkarnation von BAP um sich geschart hat.
Zwischendurch kommt der Liedermacher
Björn Heuser auf die Bühne, um mit Wolfgang Niedecken zusammen Wie
schön dat wöhr anzustimmen. Ein Problem zog sich allerdings
durch das gesamte Konzert, der Hall von der Rückseite der Halle, der
bei manchen Stücken, besonders aber bei den Ansagen dazwischen
auffiel. Ich habe schon oft von den Akustikproblemen in der KölnArena
gehört, jetzt sind sie mir zum ersten Mal richtig aufgefallen.
Der Klasse des Konzerts tut das indes
keinen Abbruch. BAP wird von Mal zu Mal besser, so war es auch
diesmal. Gleich drei Zugabenteile mit jeweils mehreren Liedern gab
es, dabei ganz zum Schluss endlich mal wieder Verdamp lang her
als finaler Höhepunkt. Oder jedenfalls fast ganz zum Schluss. Dass
sie danach nach gut drei Stunden nämlich noch Jraaduss
spielten, schien die Musiker am Ende selbst überrascht zu haben.
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