Sonntag, 20. September 2015

Im Gespräch mit Horst Hoffmann

Horst Hoffman war über drei Dekaden hinweg als Autor aus der Perry Rhodan-Serie nicht wegzudenken. Am 18. September 2009 erschien sein letzter Rhodan-Roman mit Titel Insel im Nebel. Sechs Jahre liegt diese Zäsur zurück, für Horst und für die Serie, für die er mit so viel Herzblut schrieb. Anlass genug, ihm einige Fragen zu stellen. Er gab mir Gelegenheit zu einem Interview, das für mich auch persönlich ein Anliegen war.

AM: Sechs Jahre sind seit deinem von vielen Lesern bedauerten Ausstieg bei Perry Rhodan vergangen. An mir sind diese sechs Jahre regelrecht vorbeigeflogen. Wie empfindest du diese Zeitspanne? War sie lang genug, um Abstand zu gewinnen?

HoHo: Ich hab’s ja versucht, lieber Achim, aber es geht einfach nicht. Das ist wie mit einer Frau oder Freundin, von der man sich enttäuscht fühlt – man behält sie trotzdem im Herzen. Am Anfang tobt man sich aus, bis man irgendwann kapiert, dass man sich selbst zum Idioten gemacht hat. Nein, Abstand zu PERRY werde ich nie gewinnen, will ich auch nicht. Heute, wo man als „Nur-Leser“ nicht weiß, wie‘s in der Handlung weitergeht … ist das fast wie in den alten, schönen Zeiten, als man voller Spannung auf den nächsten Band gewartet hat.

AM: Als du an Band 2509, Insel im Nebel, gearbeitet hast, wusstest du da schon, dass es nach 27 Jahren dein letzter Roman für die Erstauflage sein wird?

Perry Rhodan Weltcon 1986.
Horst Hoffmann und Karl Dall auf der Bühne.
HoHo: Überhaupt nicht! Ich hatte ein Doppelexposé für 2509/2510 und es war so ein Hammerthema, dass ich mit Begeisterung wie lange nicht mehr ran gegangen bin. Als ich dann 2509 abgeschickt hatte, kam eine lange email von Klaus N. Frick, in der er mir den Roman um die Ohren gehauen hat. Wir hatten schon vorher unsere Differenzen, was das Schreiben anging, der Doppelband sollte – nach einem sehr netten Treffen in Rastatt – eine Art Neuanfang sein. Damals ging eine Welt für mich unter, heute glaube ich, ihn zu verstehen. Es war trotzdem der richtige Entschluss aufzuhören, obwohl ich mich auf den Folgeroman gefreut hatte. Irgendwann muss man einfach sehen, dass die Zeit der Dinosaurier vorbei ist und Platz gemacht werden muss für die neue Generation. Und die macht ihre Sache sehr gut, auch NEO finde ich – trotz anfänglichem Kopfschütteln – mittlerweile erfrischend und lesenswert. (Bei der Gelegenheit – uns PR-Dinos betreffend – wünsche ich Arndt Ellmer, dass es ihm bald wieder besser geht und er noch viele Romane schreiben kann.)

AM: Arndt hat gesundheitliche Probleme? Das wusste ich nicht. Dann an dieser Stelle auch von mir gute Besserung, damit er der Serie noch lange erhalten bleibt. Doch zurück zu dir. Bei Atlan bist du ja schon 1977 eingestiegen. Du warst also insgesamt sogar 32 Jahre im Perryversum tätig. Kann man diese mehr als drei Dekaden als einen der prägendsten oder gar wichtigsten Abschnitte deines Lebens bezeichnen?

HoHo: Den wichtigsten und schönsten überhaupt. Ich bin dankbar dafür, meine Leidenschaft zu meinem Beruf gemacht haben zu können.

AM: Und das hast du mit Herz und Seele getan. Du hast nicht nur für die Erstauflage geschrieben, sondern warst auch der erste Redakteur, der ausschließlich für die Serie verantwortlich war. Du haste die Leserkontaktseite ebenso betreut wie den Report, du hast die Silberbände bearbeitet und Innenillustrationen für Atlan angefertigt. Was hat dir am meisten Spaß gemacht? Und gibt es etwas, wovon du im Nachhinein lieber die Finger gelassen hättest?

HoHo: Ohne lange nachzudenken: die LKS! Die ATLAN-Innenillus dagegen … naja, damals war ich froh und auch stolz darauf, dass Willi Voltz mich dazu ermuntert hat. Heute sind sie mir eher peinlich …

AM: Bei der Aufzählung habe ich Mythor nicht erwähnt. Die Fantasy-Serie fand ja außerhalb des Perryversums statt, doch haben viele damalige und spätere Rhodan-Autoren daran mitgeschrieben, unter anderem auch du. Vor wenigen Tagen gab Pabel-Moewig bekannt, die gesamte Serie, immerhin 192 Heftromane, in Form von E-Books neu aufzulegen. Erinnerst du dich an deine damalige Mitarbeit? Wenn ich mich nicht irre, müsste es deine erste Zusammenarbeit mit Willi Voltz gewesen sein.

HoHo: Klaus N. Frick hat mit mir hinsichtlich der "Neuauflage" ein Interview geführt. Klar freue ich mich darüber, dass diese Serie nun wieder zu lesen sein wird. Zur Mitarbeit wurde ich vom damaligen Chefredakteur Kurt Bernhardt förmlich gezwungen, andererseits müsse ich mit einer Atombombe rechnen. Willi verfasste ja die ersten zwanzig Exposés, ich war eigentlich erst für den Doppelband 11/12 eingeplant, aber dann rief Bernhardt wieder an und meinte, dass ich (der von Fantasy-Schreibe null Ahnung hatte) jetzt Band 2 schreiben müsste, weil der dafür vorgesehene Hubert Strassl (Hugh Walker) lieber im Garten seine Mohrrüben zählte als seine Termine einzuhalten. Aber Willi kannte ich schon lange vorher, angefangen von meiner allerersten Leserstory "Blockierte Seelen" auf einer ATLAN-LKS. Dann kamen die Karikaturen und mein erster "Antrittsbesuch" bei ihm in Heusenstamm, wo wir etwa zehn Minuten über meinen bevorstehenden Einstieg bei ATLAN quatschten und ansonsten drei Stunden lang über Country-Musik - natürlich bei "einem" Bier. Willi Voltz war für uns junge Autoren eine absolute Leitfigur und immer anzusprechen, wenn's irgendein Problem gab. Er war Vorbild, Kollege und Freund und hat der PR-Serie einen neuen, sehr nötigen Kurs gegeben.
 
AM: Ich habe ein Bild von dir und der leider verstorbenen Marianne Sydow gefunden. Verrätst du uns, was es damit auf sich hat?

HoHo: Das Bild von Marianne und mir entstand ca. 1978 bei ihrem ersten Besuch bei mir.

AM: Bist du eigentlich über die aktuelle Handlung auf dem Laufenden, oder hast du völlig mit Perry Rhodan abgeschlossen?

HoHo: Wie schon gesagt – wäre PERRY eine Frau, dann wär sie die Liebe meines Lebens gewesen. Und die kann man nicht einfach „vergessen“. Ich lese (zeitbedingt) nicht mehr jeden Roman, aber solche Highlights wie 2800 von Michelle Stern lassen das alte Leserherz immer wieder höher schlagen. Und die Romane von Leo Lukas sind immer wieder ein Hochgenuss.

AM: Da du Leo Lukas ansprichst, du warst zuweilen selbst für humoristische oder satirische Untertöne in der Serienhandlung bekannt. Unvergessen ist dein Roman mit der kölschen Jubiläumsnummer 1111 mit dem Titel Die Macht der Elf. Anhand der Reaktionen darauf und der bis heute anhaltenden Wirkung bei den (damaligen) Lesern kann man von einem Meilenstein innerhalb der Serie sprechen. Was hat dich damals zu diesem Husarenstück getrieben? Es war ja nun fürwahr kein Roman wie alle anderen auch.
 
74. Intercomic im November 2013.
Verleihung des DARK STAR an Horst Hoffmann.
HoHo: War er nicht? Und ich hab mir solche Mühe gegeben, einen seriösen und ernsten Roman zu verfassen! Als Willi Voltz mir ihn am Telefon ankündigte (also das Expo), habe ich ihn gewarnt! „Willi, du weißt ja, was diese Zahl für uns Rheinländer bedeutet?“ – Er darauf: „Tu dir keinen Zwang an, frisch von der Leber weg.“ – Das Ergebnis ist bekannt: 453 Bände Besinnungspause, bis mein Nachfolger im Verlag, Dr. Florian Marzin, mir anbot, mit Band 1564 wieder einzusteigen. Davon mal abgesehen, hat mich der Pabel-Moewig Verlag auch in der Zeit dazwischen nie hängen lassen - ich durfte das 5-bändige Lexikon machen, die Kommissar X-Romane für die Neuauflage redigieren usw. usf.

AM: War denn wirklich Heft 1111 schuld daran, dass du danach so eine lange Pause einlegen musstest? Man feuert einen Autor doch nicht wegen eines einzigen Romans. Das wäre ja eine ähnliche Fehlentscheidung wie damals, als Hennes Weisweiler Heinz Flohe aus der FC-Mannschaft geworfen hat. Heute weiß man es ohnehin besser. Deine Doppelelf genießt bei vielen Perry Rhodan-Lesern Kultstatus.

HoHo: Doch, das war so. Das heißt, Willi rief an und bot mir den Roman 1154 an, aber da war ich stinksauer, weil zwischenzeitlich (ohne Bewährungsauflagen wie bei mir) Rainer Zubeil (Thomas Ziegler) als festes Mitglied der Autorencrew eingestellt wurde. Den 1154 schrieb dann Wolfgang Kehl (Arndt Ellmer). 1111 konnte auch nur deshalb so erscheinen, weil ich mit der Ablieferung so spät war, das er nicht mehr umgeschrieben werden konnte. Außerdem gab es damals ein aus Willi, Schelwokat und Bernhardt bestehendes "Triumvirat", wo manchmal der eine nicht wusste, was der andere tat. Ich liebte Willi, mochte Bernhardt und achtete Schelwokat als SF-Spezialisten, konnte als Mensch jedoch nie mit ihm warm werden. (Mehr zu diesem Thema hätte Kurt Brand zu sagen.) :-)

AM: Eine letzte Frage kann ich mir nicht verkneifen. Woran denkst du bei der Zahl 3333?

HoHo: An die geheimen Pläne, die Leo Lukas und ich geschmiedet haben. :-) Und wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann wäre es ein „Versöhnungsbier“ mit Klaus (vielleicht auf dem nächsten Colonia-Con) so wie mit dem anderen Klaus (Mahn) seinerzeit im Rastatter Bahnhofslokal.

AM: Vielen Dank für das Gespräch, lieber Horst. Mit deinen Antworten hast du sicher nicht nur mit Freude bereitet.
 

14 Kommentare:

  1. Richtig, ein schönes Interview. Als Fan lese ich immer sehr gerne über die "alten Zeiten". :-)

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  2. Schönes Interview und ein schöner Rückblick in vergangene Zeiten. HoHo rockt und konsequenterweise müsste PR 3333 natürlich von ihm sein ;-) ...

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  3. Als Gastautor könnte er doch auch schon vor 3333 mal wieder mitmischen, oder? Schön, mal wieder was über ihn zu lesen.

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  4. Norbert Reichinger21. September 2015 um 22:35

    Danke für das interessante Interview! Es ist immer interessant, ein bißchen "hinter die Kulissen" blicken zu dürfen - HoHo ist und war einer meiner Lieblingsautoren. :-) Auch erinnere ich mich gerne an seine SF-Illus und die aktive LKS-Zeit.

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  5. Ein gutes und wichtiges Interview. Da ich Horst als Menschen und Autoren schätze würde es mich sehr freuen, wenn er im Perryversum wieder Fuß fassen würde. Und ich hoffe, es kommt bald zum "Versöhnungsbier"

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  6. Ein Interessantes Interview um Horst Hoffmann. Man kann auch zwischen den Zeilen lesen das er mit Herzblut bei PR dabei war. Als Leser ist es schon Wissenswert wie ein Autor Tickt der nicht nur bei PR mitgeschrieben hatte. Schämen braucht er sich nicht, Willi Voltz wusste schon wen er diese Aufgabe übertragen hatte. Ist weit hergeholt was ich jetzt schreibe, auch einige Schauspieler haben Billigfilme gemacht. Jeder hat die Filme angeschaut. So ist es auch in den Romanheften, viele haben dies gelesen. HoHo kann Stolz darauf sein was er erreicht hat. Ohne in wäre das lesen manchmal nicht so Humoristisch gewesen. Ein Informatives, das mich an alten Zeiten erinnert, gutes Interview.

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  7. Ein sehr schönes Interview; danke Achim und Horst! #3333

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  8. Fein, fein. Mich würde aber als Nicht-Perry Rotten-Fän viiiiiel mehr interessieren, was der wackere Mann außerhalb des Moewig-Pabel-Kosmos so alles getrieben hat. Vielleicht gibts zu Karneval 'ne Fortsetzung ...

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  9. danke euch allen - macht lust auf mehr :-)

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  10. Meine Herren!
    Ein schönes Interview. Vermisst habe ich einen Ausblick auf die weitere Tätigkeit – so es denn welche gibt - von Horst Hoffmann.
    Schön zu lesen, dass er seiner Jugendliebe weiterhin treu geblieben ist.
    Wir haben nach dem Tod von Willi Voltz in erster Linie über ein paar Witzraketenbeiträge meinerseits Kontakt gehabt. –Lange ist es her!
    PR 1111: hat mir gefallen. Zu schade, dass erst viele Jahre später das Engagement wieder aufgenommen wurde. Will damit sagen, dass mir HoHos Schreibe immer gefallen hat.
    Für die Zukunft auf jeden Fall gute Gesundheit. Warum nicht mal als Gastautor bei PR mitmischen? Die Fans würde es auf jeden Fall freuen.
    Man sieht sich ja an einem ColoniaCon!

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  11. Schönes Interview, das Erinnerungen an alte Zeiten weckt. Hätten sich damals mehrere Verantwortliche in den Verlagen so intensiv um junge Autoren gekümmert wie Willi Voltz, dann hätten wir heute sicher eine größere SF-Szene und weniger Krimis.
    Was ich im Interview vermisse ist die Raumpatrouille. Immerhin hat Horst ja auch bei ORION kräftig und gut mitgemischt.

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    1. danke, lieber roland. stimmt, willi hat mich, arndt ellmer, perter terrid und peter griese gefördert und ins team geholt. einzig dass hans peschke (harvey patton) nur ein einziges mal seine schreibfreude und -kunst beweisen konnte, tat mir leid. ich habe als redakteur leider nur zwei asse in die serie holen können - robert feldhoff und - als ganz tollen neuling, k.h.scheer :-)

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    2. ich kann mich noch gut an deine witzraketen erinnern, lieber michel. danke für deine guten wünsche. aktuell habe ich mit band 11 (!) gerade meine serie STERNENTIGER auf eine laune meines herausgebers joachim otto (romantruhe) hin beenden müssen ... aber ein so energetischer kommandant wie sternengeneraloberst julius eberhard konradin strammer lässt sich so leicht nicht unterkriegen. das raumschiff STERNENTIGER wird weiter lachen im salventakt verbreiten, unter neuer flagge :-)

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  12. Danke für das tolle Interview. Natürlich ging es hier um die Aktivitäten im Hause Pabel-Moewig, Aber bitte nicht zu vergessen Horsts großen Beirag zur ORION-Heftserie, die im selben Haus erschien! Die ORION-Zeiten sind unvergessen ... ;-)

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