Rainer und ich auf dem Coloniacon 2004 |
Bestes Beispiel ist für mich bis heute sein Planetenroman Der Narrenturm. Die abgedrehten Figuren Lukas Lorrimer, Famos O'Hack, Karnegoris Pan und ein entlaufener Würgebaum namens Jack the Ripper zeigten einen Thomas Ziegler in Bestform. Bizarre Aliens, überkandidelte Einfälle und ein an Satire grenzender Humor waren sein Markenzeichen, das er nicht nur in die Science Fiction einfließen ließ, sondern auch in seine Kriminalromane wie beispielsweise Koks und Karneval.
Rainer verwendete in seiner Schriftstellerkarriere weitere Pseudonyme. Henry Quinn und Robert Quint. Helmut Horowitz, John Spider und Tommy Z. Neben Perry Rhodan schrieb er für Die Terranauten, schuf mit Flaming Bess seine eigene Serie und verfaßte diverse eigenständige Romane, sowohl im Bereich der Science Fiction und der Fantasy als auch im Krimigenre. In der SF wurde er mehrfach mit dem renommierten Kurt-Laßwitz-Preis ausgezeichnet.
Ich lernte Rainer im Vorfeld eines Coloniacons persönlich kennen. Ich weiß nicht mehr, in welchem Jahr das war. Manfred M. und ich veranstalteten den damaligen Con, und wir wollten Thomas Ziegler unbedingt als Gast gewinnen. Wir fanden heraus, daß er in der Südstadt lebte, und schafften es tatsächlich, uns mit ihm zu verabreden.
Wir trafen uns im Filos, einer Mischung aus Kneipe, Bistro und Restaurant. Er erwartete wohl zwei pickelgesichtige Nerds, deren Sozialkompetenz beim Lesen von Perry Rhodan endete, und wir wußten nicht recht, wie wir uns ihm nähern sollten. Ziegler? Quint? Zubeil? Oder sonstwie? Was wir ihm auch sagten. Er meinte in seiner unkompliziert-augenzwinkernden Art, es sei schon okay, wenn wir ihn schlicht und einfach mit Präsident anreden. Damit war das Eis gebrochen.
Ende der Neunziger Jahre beschloß Jörg Kaegelmann, in seinem Blitz-Verlag Kurt Brands alte Raumschiff Promet-Geschichten mit neuen Abenteuern fortzusetzen. Dazu verpflichtete er Thomas Ziegler als Exposéautor. Ich war nicht nur stolz wie Bolle, als ich gefragt wurde, ob ich Lust habe, an der neuen Serie mitzuschreiben, sondern es ergab sich, daß Rainer und ich öfter miteinander zu tun hatten. Beim Schreiben der Romane nach seinen Expos hatte ich zu so mancher Szene Fragen. Er meinte stets: "Mach es einfach so, wie du es für am besten hältst." Das funktionierte ausgezeichnet, und wir kamen gut zurecht. Die Zusammenarbeit mit ihm war ein weiter Beweis für seine völlig unkomplizierte Art.
In der Folgezeit trafen wir uns des öfteren privat. So manches Mal saßen wir in der Südstadt im Litho, einem griechischen Restaurant. Nicht zum essen, sondern zum trinken. Ich bestellte Kölsch, Rainer blieb bei seinem geliebten Vecchia Romagna. Meistens hatten wir viel Spaß, denn so humorig wie in seinen Romanen war er auch bei zwischenmenschlichen Kontakten. Ich mochte ihn gleichermaßen als Mensch und als Autor. Die meisten seiner serienunabhängigen Werle stehen in meinem Bücherregal.
2004 war er abermals Besucher des Coloniacons und gerade erst zu Perry Rhodan zurückgekehrt, was seine Fans freute. Einige Monate zuvor war er mit seiner Lebensgefährtin umgezogen, innerhalb der Südstadt. Er bewohnte nun eine Wohnung mit Dachterrasse, von der aus der Blick Richtung Rhein ging. Ich erinnere mich noch daran, wie wir das letzte Mal zusammen dort oben in der Sonne saßen. Wir tranken eiskaltes Kölsch aus Flaschen, und Rainer freute sich darauf, wieder stärker bei Perry Rhodan einzusteigen. Er war begeistert, zukunftsgewandt und bestens aufgelegt. Seine Pläne konnte er jedoch leider nicht mehr verwirklichen. Wenige Tage später ist er gestorben, gerade einmal 47 Jahre alt.
In Bezug auf unsere Lebensweise, die Lockerheit und all die uns offen stehenden Möglichkeiten sagte er einmal zu mir: "Der Westen ist für mich das Licht der Welt." Ein bißchen von diesem Licht war er mit seinen Werken selbst. Wenn ich heute, an seinem zehnten Todestag, mit reichlich Schwermut an Rainer denke, fällt mir eine Textpassage ein, die Wolfgang Niedecken in dem BAP-Lied Dreimohl zehn Johre singt. "E Glas ob die von uns, die't hinger sich han. Mir sinn uns widder, irjendwo, irjendwann." Das will ich aber auch schwer hoffen.
Danke für den sehr persönlichen Rückblick. An Rainer musste ich kürzlich auch wieder denken – dass das schon zehn Jahre her ist, hatte ich allerdings nicht auf dem Schirm.
AntwortenLöschenSchönes Erinnerungsstück, Achim!
AntwortenLöschenZieglers Stern geht gerade wieder auf; hier in Berlin bei Golkonda sind vor kurzem die ersten Bände der "Gesammelten Werke in Einzelausgaben" erschienen ...
Danke für den Hinweis, Böhmi. Werde ich mich bei Gelegenheit draufstürzen, auch wenn ich die alten Ausgaben noch im Regal stehen habe.
LöschenDIE STIMMEN DER NACHT war eine nicht allzu hübsch aufgemachte Taschenbuchausgabe, und ALLES IST GUT haute mich als Corian-Hardcover äußerlich auch nicht vom Hocker. Sicher, ein Buch soll man nicht nach seinem Einband beurteilen. Mache ich auch nicht. Als bibliophil Beleckter habe ich trotzdem nix gegen eine adäquate Optik, die dem Roman ebenso schmeichelt wie dieser ihr.
Den Abschluß der SARDOR-Trilogie wollte ich eh schon immer in Händen halten. Und lesen natürlich! Ich fand's all die Jahre tragisch, daß Rainer die Geschichte nicht zu Ende brachte. Tröstlich, daß es jemand an seiner Statt tat.
Der geniale Thomas Ziegler / Robert Quint bleibt für mich unerreicht. Seine Terranauten-Romane haben die ganze Serie auf ein anderes Level gehievt. Ich weiß noch, wie ich ihm als junger Spund einen Fanbrief geschrieben habe und er sehr freundlich und ausführlich geantwortet hat. Ich bewahre ihm ein ehrendes Angedenken.
LöschenSehr schöner Nachruf!
AntwortenLöschen"Der Westen ist für mich das Licht der Welt." Irgendwie sehr passend für diesen Laserstrahl in der biederen BRD-SF
AntwortenLöschenAlles was ich bisher von ihm las, fand ich ich einzigartig. Er hat selbst PR, das ich schon recht bunt fand, grell ausgeleuchtet. Und dann einfach mal kurz das Licht ausgeknippst. Das war sein Stil.
Ich hätte ihn gern länger und gern WIEDER bei Rhodan gesehen. Schade auch, daß er es nicht auf mehr als drei abgeschlossene Planetenromane brachte. Aber darunter ist dann halt ein funkelndes Juwel wie DER NARRENTURM, aus dem Rainers Lachen dringt, sobald man es aufschlägt.
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