Als gegen 21.30 Uhr begeisterter Applaus über das Tanzbrunnengelände fegte, wußte man, daß die Bläck Fööss ihren Gassenhauer En unserem Veedel angestimmt hatten. Seit über 40 Jahren bringt wohl kein anderes Lied die kölsche Seele und kölnische Befindlichkeiten so treffend auf den Punkt wie der Klassiker der Fööss. Es war das Ende und der Höhepunkt eines Tages voller Musik, bei dem vor den Fööss schon die Klüngelköpp, Cat Ballou, Kasalla und die Paveier aufgetreten waren.
Der Telefon- und Internetanbieter NetCologne wurde 20 und feierte am Tanzbrunnen seinen runden Geburtstag. Ich feierte mit. Stimmt nicht, ich feierte nicht, denn das ganze Rahmenprogramm interessierte mich nicht die Bohne. Mir ging es um die musikalische Schiene. Gleich fünf Kölner Mundartgruppen traten auf, und das für nicht einmal zehn Euro Eintritt. Dafür muß man NetCologne natürlich loben, zumal jede Band gut eine Stunde spielte.
Den Reigen eröffneten vor vollem Haus mit rund 10.000 Besuchern die Klüngelköpp. Die Band, lange völlig an mir vorbeigegangen, gibt es nun auch schon seit gut zehn Jahren. Im Karneval hat sie inzwischen zu den Großen aufgeschlossen. Besonders dank Stücken wie Stääne, Wer einmol Kölle sing Heimat nennt und vor allem Jedäuf met 4711, dem großen Hit der vergangenen Session. Schönes Lied, da geht auch bei mir der Daumen hoch. Leider gibt es bei den Klüngelköpp zu viele Schlagereinflüsse. Das ist bekanntlich gar nicht mein Ding.
Es folgten die Youngster von Cat Ballou, inzwischen eine Hausnummer in der Kölner Musikszene. Wie die nach ihnen auftretenden Kasalla sind Cat Ballou parkettsicher zwischen Karneval und Rockmusik angesiedelt. Ihr rotziger Rock auch für die jüngere Generation gestattet sogar die eine oder andere Punkattitüde. Da schaue ich dann auch mal generös über seichte Popstückchen hinweg.
Kasalla räumen ohnehin seit zwei Jahren und ihrem Überflieger Pirate ab, was abzuräumen ist. Am Tanzbrunnen bedienten sie die Rockschiene und zündeten ein Feuerwerk ihrer Hits. Von denen haben sie schon ein paar, obwohl es die Gruppe erst seit drei Jahren gibt. Ihren Popularitätsgrad konnte man am begeistert mitgehenden Publikum ablesen. Kasalla werde ich mir ganz sicher noch häufig anschauen (und anhören).
Als nächstes kamen altgediente Vertreter kölscher Musik auf die Bühne. Die Paveier bestehen seit 1983 und sind seit Dekaden eine feste Größe im Karneval. Neben den Bläck Fööss, den Höhnern und den Räubern zählen sie zum sogenannten Kleeblatt. Bei ihrer Darbietung gab es naturgemäß zahlreiche bekannte Stücke mit hohem Wiedererkennungswert. Das sentimentale Dat jeiht vorbei und das schmissige Schön ist das Leben mag ich. Für das wunderbare Mir sin Kölsche us Kölle am Rhing verzeihe ich ihnen sogar das anbiedernde Köln hat was zu bieten.
Und dann betraten eben die Bläck Fööss, seit 1970 die Mutter aller kölschen Bands, die Bretter, auf denen die Menschen in Köln sie sehen wollen. Vollblutmusiker mit Herz, Seele, Stimme, Vielseitigkeit im Genre und an den Instrumenten und großem musikalischem Können, ohne wie manch andere zu Kitsch zu neigen. Auch nach über vierzig Jahren gehen den Fööss die Ideen nicht aus, was vielleicht die größte Leistung ist. Besonders gefreut habe ich mich über gleich mehrere Stücke aus den Siebziger Jahren wie beispielsweise Lück wie ich und du. Das sind Evergreens, die nahezu jeder kennt, der kölsche Musik hört, egal ob Jung oder Alt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bands habe ich an den Bläck Fööss nichts auszusetzen. Allenfalls die beiden Schlagerausfälle Katrin und Bye bye my love.
Bei den Auftritten der fünf Bands war eines deutlich zu spüren. Die Grenzen zwischen Karnevalsmusik und Kölschrock sind längst verschwommen. Das finde ich sehr gut. Schließlich bin ich in beiden Bereichen zu Hause.
Gar nicht gut hingegen fand ich, daß NetCologne es geschafft hat, dem gräuslichen Moderator Linus eine adäquate Moderatorin zur Seite zu stellen. Eine wahrlich reife Leistung. Denn Claudia Barbonus, deren Namen ich zuvor noch nie vernommen hatte, schaffte es tatsächlich, im Stile einer Marktschreierin noch mehr inhaltsbefreites und plattes Gelaber von sich zu geben als Linus.
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