Samstag, 5. Juli 2014

20. Todestag von Hans Peschke

Ich habe nicht gesehen, daß es irgendwo erwähnt wurde, auch nicht auf den einschlägigen Internet-Seiten. Ist der Mann schon in Vergessenheit geraten? Gestern vor 20 Jahren, am 4. Juli 1994, verstarb in Köln der Science Fiction-Autor Hans Peschke, der vorwiegend als Harvey Patton publizierte, aber auch unter weiteren Pseudonymen.

Peschke begann mit Veröffentlichungen in Fanzines, dann folgten in den Sechziger Jahren erste professionelle Romane. Anfang der Siebziger holte ihn Kurt Brand als Mitautor zu dessen neuer Serie Raumschiff Promet. Es folgten Terra Astra, Atlan, Perry Rhodan, Commander Scott. Und natürlich die Orion. Für die Rhodan-Hauptserie lieferte er nur einen einzigen Beitrag. Den habe ich seltsamerweise, ohne nachschauen zu müssen, noch heute im Kopf. Es war der Roman Die Körperlosen von Grosocht, Heft 747.

Ich sehe Hans Peschke noch da stehen, auf der Bühne im Jugendpark. Ein wenig gebeugt und körperlich nicht mehr ganz auf der Höhe. Es war der Coloniacon 1993, zu dem wir ihn als Gast eingeladen hatten. Er war nicht mobil und nicht mehr allzu gut auf den Beinen. Am Samstag Morgen fuhren wir mit dem Auto nach Köln-Porz, um ihn aus seiner bescheidenen kleinen Mietwohnung abzuholen. Wirtschaftlich ging es ihm nicht allzu gut. Ich glaube, er lebte im Alter von Sozialhilfe.

Hans Peschke zeigte sich als ruhiger, bescheidener Mann. Eher unauffällig, wie er sich im Publikum und auf der Bühne bewegte. Aber auch einer, dem es gut tat, noch einmal ein wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu bekommen. Das Schreiben fiel ihm schwer, mit dem Sprechen klappte es nicht mehr allzu gut. Um seine motorischen Fähigkeiten stand es nicht zum besten.

Ich ließ mir ein Autogramm von ihm geben. "Hans Pe." schrieb er mit zittriger Hand. Mehr bekam er nicht mehr zustande. Er wollte, doch es gelang ihm nicht. Das versetzte mir einen kleinen Stich. Daß Hans Peschke an seinem 20. Todestag kaum irgendwo Erwähnung findet, finde ich bedauerlich. Umso mehr freue ich mich über den folgenden Gastbeitrag seines ehemaligen Kollegen Horst Hoffmann. Vielen Dank dafür, lieber Horst.


Horst Hoffmann
Um Hans Peschke zu charakterisieren, gibt es für mich nur ein Wort: der Science-Fiction-Gentleman. Ich traf Hans zum ersten Mal im Zug nach Offenbach, von wo es weiter ging nach Heusenstamm zu meiner ersten Autorenkonferenz anlässlich des ATLAN-Zyklus ab Band 300. Ich hatte Muffensausen ohne Ende, denn bald würde ich den großen Idolen meiner Leseleidenschaft gegenüberstehen oder sitzen, von denen ich – bis auf Willi Voltz – alle bisher nur vom Schmökern oder Schreiben/telefonieren kannte. Johnny Bruck, Hans Kneifel, Clark Darlton … und und und …
Zur Beruhigung der Nerven tigerte ich, in Ergänzung zu den vorsorglich mitgenommenen Bierdosen, im Zug (der damals noch den schönen Rhein mit den tollen Burgen entlang fuhr) von Abteil zu Abteil, und in einem dieser Abteile saß ein kleiner, schmächtiger Mann, der mir von den wenigen Bildern, die es damals von ihm gab, bekannt vorkam. Ich schob die Tür auf und fragte, ob er Hans Peschke sei. Er war es, und von da an flatterten uns gemeinsam die Nerven, denn es war auch Hans‘ erste Konferenz. Wir waren schnell im Gespräch und ich lernte ihn als einen überaus liebenswürdigen, netten und bescheidenen Menschen kennen, der eigentlich gar nicht wusste, warum er eigentlich eingeladen war, denn ihm stand – im Gegensatz zu mir nach einem mehr als peinlichen „Wettbewerb“ mit Roland Rosenbauer um eine ATLAN-Chance – gar keine konkrete Aussicht auf einen Serieneinstieg in Aussicht.
Die bekam er auch erst einmal nicht, jedenfalls was ATLAN betraf. Hans hielt sich dann auch, als wir zuerst bei Johnny und Walter Ernsting am Tisch saßen, die bereits mindestens eine Whiskyflasche auf Walters Hotelzimmer erfolgreich vernichtet hatten, sowie beim anschließenden Essen mit der nach und nach eintreffenden Autorenmeute und erst recht beim damals noch üblichen Besäufnis meist still und vor sich hin schmunzelnd zurück und war auch als erster aufs Zimmer verschwunden, während ich vom gefürchteten und allmächtigen Cheflektor Kurt Bernhardt ins Verhör genommen wurde („Was arbeiten Sie denn so, Herr Hoffmann?“ – „Ich hab VWL studiert, aber abgebrochen.“ – „Das ist gut, dann können wir Sie gebrauchen.“).
Als wir am anderen Morgen beim Frühstück saßen, Marianne Sydow hatte mir mit ihren vorsorglich mitgeführten Alka Seltzer das Leben gerettet, war Hans wohl der einzige ohne Kater und verzog auch keine Miene, als er in Sachen ATLAN leer ausging – dafür aber ins brandneue Team für die bevorstehende ORION-Serie unter der Regie von H.G.Ewers berufen wurde, die bald legendäre 4-H-Crew: Horst Gehrmann, Hans Kneifel, Horst Hoffmann und … Harvey Patton! Hans-Harvey war selig und sprühte auf seine bescheidene Art schon auf unserer Rückfahrt vor Ideen.
Unsere zweite Begegnung war der Kleve-Con 1977 mit wiederum fast der gesamten PR-Prominenz, K.H.Scheer war auch da und … naja, jedenfalls teilten wir uns ein Zimmer im Con-Hotel, was insofern für ihn etwas unglücklich war, weil er sich wieder schon relativ früh von unserer geselligen Runde zum Schlafen zurückgezogen hatte und recht spät in der Nacht von dem damals recht prominenten SFCDler Frank Flügge und meiner Wenigkeit in Begleitung einer überaus attraktiven jungen Fännin aus allen Träumen geweckt wurde, mit der wir, nach Schließung der Bar, unbedingt noch einen Absacker aus der Minibar trinken mussten. Dass daraus nicht mehr wurde, war ein Verdienst, das ihm gar nicht hoch genug angerechnet werden konnte. Hans ertrug und meisterte die Situation mit dem Lächeln und Schweigen des Gentlemans.
Danach haben wir uns leider nie wieder gesehen, doch im Rahmen der ORION-Arbeit oft telefoniert oder geschrieben. Auf Hans Peschke war immer Verlass und er ging in der 4-H-Crew auf, hatte ständig neue Ideen und entwickelte diese auch nach der Einstellung der Serie weiter, seine Gedanken fanden ihren Niederschlag in Form einer „inoffiziellen“ Fortführung durch talentierte Fan-Autoren, die ihm auf diese Weise ein Denkmal setzten.
Hans Peschke war ein wundervoller Mensch, von dem wir uns alle noch viel mehr Romane gewünscht hätten. Dass er, nach einem einzigen Roman, nicht in der Verschleißmaschinerie von PERRY RHODAN verbraten wurde, hat ihm zu schaffen gemacht, was er aber nie offen zeigte. So gesehen, war er zwar ein kleiner Verlierer, aber ein großer Mensch, der sich den Spaß und die Freude am Schreiben nie hat nehmen lassen. Ich bin froh, dass ich ihn kennen lernen und mit ihm arbeiten durfte.
Horst Hoffmann

3 Kommentare:

  1. Es freut mich sehr, dass Horst Hoffmann und du hier an Hans Peschke erinnern und seiner mit so wundervollen Worten erinnern.
    Leider hatte ich nie die Möglichkeit, Herrn Peschke persönlich kennenzulernen. Aber als Jugendlicher habe ich seine ORION- und PROMET-Romane regelrecht verschlungen. Später hatte ich dann die Ehre und Freude, als einer der von Horst Hoffmann erwähnten Fan-Autoren Hans Peschkes Ideen zur Fortführung der ORION-Serie mit eigenen Handlungssträngen zu Romanen verknüpfen zu dürfen. Noch heute halte ich die Kopien der beiden Romanentwürfe aus seinem Nachlass in Ehren, die ich damals - Mitte der 1990er Jahre - für die erste Fan-Veröffentlichung der ORION-Folgeromane überarbeitet und ergänzt habe.
    Vielen Dank an Euch für die Würdigung dieses zu Unrecht fast vergessenen großartigen Autors deutschsprachiger SF!

    AntwortenLöschen
  2. Ich schreibe das erste mal in einen blog..;-)
    Ich bin die Tochter von Hans Peschke und habe gestern erst diesen Blog gelesen.
    Finde es klasse, dass auch nach 20 Jahren an ihn so gedacht wird und in dem Artikel von Herrn Hoffmann wird der Charakter meines Vaters sehr gut beschrieben. Da ich nicht weiss wie es anders geht habe ich als anonym geschrieben. Bin aber auch unter polux3107@web.de oder im FB unter meinem Namen zu erreichen.
    Lg Christine Siemes

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Christine Siemes,
      jetzt hat es prima geklappt. Ich bedanke mich für die schöne Rückmeldung und wünsche alles Gute.

      Löschen