"... weil et Wedder ess ens schön hück. Un ich hann keine Bock op Arbeit für die läppsche paar Mark zehn hück." So sang Wolfgang Niedecken auf dem 1981er BAP-Album Für usszeschnigge. Ähnlich ging es mir heute, denn draußen - ich mochte es kaum glauben - war tatsächlich Sommer ausgebrochen. Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein und deutlich über 20 Grad. Endlich ein Tag ohne Regen. Ich entschied mich kurzerhand zu einem Spaziergang und ließ den Schreibtisch Schreibtisch sein.
Mein erster Weg führte mich auf den Südfriedhof, zum Grab meiner Großmutter. Blümchen aufgestellt, Kerze angezündet, ein wenig verweilt. Danach spazierte ich zum südlichen Zipfel Zollstocks, wo ein Bekannter von mir eine Tennisanlage besitzt. Ein eiskaltes Weizen genossen, während die Sportfanatiker auf den Plätzen den kleinen Filzball von einer Seite auf die andere kloppten.
Anschließend ging ich durch den verkehrsberuhigten Eisenbahntunnel, der Zollstock mit Klettenberg verbindet. Kein Auto fährt dort mehr durch. Eine leere und völlig stille Straße, auch ohne Passanten. Der verdreckte Tunnel mit zerstörten Leuchten und zugewucherten Gittertoren. In Köln eine befremdliche Atmosphäre. Wäre aus irgendeinem Kanal ein Zombie gekrochen und auf mich zugetorkelt, hätte ich mich nicht gewundert.
Ich hielt mich Richtung Militärring und setzte meinen Spaziergang im Grüngürtel fort. Vom Vereinsgelände des DJK Südwest wanderte ich Richtung Norden. Die scheinbar endlosen Wiesen werden in Klettenberg von ausgedehnten Kolonien wild wuchernden Getreides durchzogen. Eine neue Entdeckung. Ich erinnere mich nicht, daß das schon im vorigen Jahr so war. Das Schönste, weit und breit war kein Spaziergänger unterwegs. Ich hatte das Gefühl, der Grüngürtel gehöre mir allein.
Nach einer Weile überquerte ich die Luxemburger und später die Berrenrather Straße. Im Gegensatz zu der ruhigen Idylle davor erwarteten mich die typischen Verkehrsgeräusche der Innenstadt. Feierabendverkehr. Autolawinen wälzten sich sowohl aus Köln heraus als auch nach Köln hinein. Irgendwie erschließt sich mir das nicht.
Dann kam das Vereinsheim des 1. FC Köln in Sicht, der willkommene Platz für eine Rast. Das Geißbockheim erstrahlt in völlig neuem Glanz. Es wurde kürzlich umgebaut und präsentiert sich nun heller und moderner. Trotzdem ließ ich mich draußen auf der Terrasse nieder, mit Blick auf den Grüngürtel und den Decksteiner Weiher, und gönnte mir ein weiteres Weizen.
Das Zusammenspiel von Bier, Sonne und zu Fuß zurückgelegten Kilometern zeigte Wirkung in Form von Müdigkeit. Ich schlug einen Bogen zurück zum Klettenberger Park und ließ mich in Wassernähe auf der Wiese nieder. Ich schaffte es tatsächlich, für eine halbe Stunde völlig abzuschalten, an nichts zu denken und nur die Sonne und den sanften Wind zu genießen. Lange nicht mehr gemacht. Wunderbar. Morgen früh dürfte die Weiterarbeit am aktuellen Manuskript wie von selbst von der Hand gehen.
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