Mittwoch, 16. Juli 2014

So geh'n die Gauchos

Ich habe mir gestern die Berichterstattung über die Ankunft der frisch gebackenen Weltmeister in Berlin angesehen. Unglaublich, was auf der Fanmeile am Brandenburger Tor los war. Die ausgelassene Stimmung und die begeisterte, friedliche Atmosphäre zeigten, wie viel Freude die deutsche Nationalmannschaft und der errungene WM-Titel den Menschen gemacht haben. Ich finde das großartig, und es wäre in Argentinien nicht anders gewesen, hätte die Albiceleste das Endspiel gewonnen. Ganz zu schweigen von Brasilien, wenn die Selecao Weltmeister geworden wäre.

Das hat in meinen Augen nicht das geringste mit Patriotismus oder gar Nationalismus zu tun. Wer so etwas kolportiert, sollte dafür plädieren, sämtliche nationalstaatlich übergreifenden Wettbewerbe abzuschaffen. Die Begeisterung in Berlin - und natürlich überall dort, wo ebenfalls gefeiert wurde - war der Verbundenheit mit dieser tollen Mannschaft geschuldet, und der Tatsache, nach langen 24 Jahren endlich wieder einmal den WM-Titel gewonnen zu haben. Und das in aller Offenheit nach außen hin, wofür wohl kaum einer deutlicher stehen kann als die deutschen Spieler mit - ein furchtbares Wort - Migrationshintergrund. Miro Klose, Mesut Özil, Lukas Podolski, Jerome Boateng oder Shkodran Mustafi.

Trotzdem läßt sich etwas typisch Deutsches am Ende nicht ausschließen. Der Gaucho-Tanz, der im Netz hohe Wellen schlägt. Dabei meine ich nicht den Tanz an sich, sondern die negativen Kritiken von einigen Moralaposteln, die offensichtlich keine anderen, keine ernsthaften Sorgen haben. Das kleine Liedchen - ursprünglich ein Kinderlied, wenn ich mich nicht irre - ist in der Fußballwelt wohlbekannt und wird seit vielen Jahren gesungen. Bei Länderspielen, bei Ligaspielen. Von jedem über jeden, ohne daß es übel genommen wird. Es ist eine augenzwinkernde Frotzelei, mehr nicht. Auf keinen Fall eine Herabwürdigung des sportlichen Kontrahenten.

Daß es ein paar ausgelassene, übermütige junge Spieler gesungen und getanzt haben, hat keine negative Intention, nicht mehr als der Jubel nach dem Siegtor. Es juckt auch keinen, weder in Argentinien, noch anderswo in der Welt. Nur ein paar moralinsaure deutsche Berufsnörgler, die zum lachen in den Keller gehen, müssen den Gag als Staatsaffäre thematisieren. Das sind wahrscheinlich solche, die ihren eigenen Namen tanzen, Tatsachen jedoch nicht akzeptieren können, ohne ihnen einen negativen Beigeschmack zuordnen zu müssen. Mir tun solche Leute einfach nur leid.

5 Kommentare:

  1. Wenn ein Deutscher sich über seinen Sieg freut, kann er nur ein Nazi sein.

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  2. Schöner Artikel, Achim. Genau: Die miesepetrig-entgeisterte Entdeckung des "Gaucho-Gates" hat schon was von Realsatire. Mit politisch korrekten Grüßen - Bastianette Zucchinisteiger!

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  3. bezüglich des Gauchotanzes. M.E. ist das typisch Deutsch. In jeder Suppe und sei sie noch so köstlich muss ein Haar zu finden sein. Und findet man kein richtiges, dann fantasiert man sich eben ein solches hinein, denn ein Haar gehört einfach in eine deutsche Suppe.

    Da kann man echt nur den Kopf schütteln, wegen diesen scheinheiligen Moralaposteln, die einfach nicht verstehen können, dass man sich auch mal, ganz ohne bösen Hintergedanken, freuen muss und auch darf.

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  4. Du sprichst mir sowas von aus der Seele! Übertriebene Political Correctness die (nicht in diesem Fall, aber oft genug) dazu führt, dass echte Missstände nicht mal mehr angesprochen werden, weil sich keiner mehr traut, denn sonst schlägt die Moralkeule hart zu.

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  5. Auf den Punkt gebracht, lieber Achim ! Es geht mir sowas von auf den Sack - da wird uns gesagt: oh, du darfst NICHT STOLZ SEIN, dass Deutschland den WM-Titel geholt hat, weil man NUR STOLZ SEIN soll, auf Dinge, DIE MAN SELBST vollbracht hat,,, mmmh, okay, warum muss ich dann diese scheiß Geschichte noch heute ausbaden, die ich defenitiv nicht mit geschrieben habe ?!?!

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