Mittwoch, 10. August 2016

Ne kölsche Jung hürt op

Er heißt Hans-Dieter, alle nennen ihn H.D., und er selbst stellt sich in seinem Brauhaus immer als der kölsche Jung vor. Oder besser: er stellte sich so vor – denn damit ist es nach mehr als einer Dekade nun vorbei.

Vor über elf Jahren hängte H.D., damals sechzigjährig, seinen bürgerlichen Beruf an den Nagel. Finanziell konnte er sich nicht beklagen, deshalb brauchte er nicht weiterzumachen. Stattdessen tat er das, wovon er sein Leben lang geträumt hatte. Einmal ein eigenes Brauhaus führen, und zwar so, wie es ihm vorschwebte, urkölsch, gemütlich, mit traditioneller Atmosphäre, leckerer Küche, kölscher Musik und natürlich kaltem Kölsch. Ein Jahr wollte er es auf jeden Fall machen, maximal fünf - es wurden mehr.

Das Haus Schulz am Barbarossaplatz erwies sich dabei als Glücksgriff. Es ist alteingesessen, liegt mitten im Veedel und mitten im Leben. Zudem war es brauereifrei, H.D. konnte also ausschenken, was er wollte. Das machte er sich zunutze, indem er – was es in Köln nur extrem selten gibt – gleich zwei Kölschsorten anbot, nämlich das lieblichere Reissdorf und das herbere Gaffel. Diese Politik wurde gut angenommen. Betrat man die Schänke, sah man auf Theke und Tischen immer Kölschstangen sowohl mit rotem (Reissdorf) als auch mit blauem (Gaffel) Emblem stehen.

Ich ging gern hin und wieder dorthin, denn die Atmosphäre war schön, die Leute angenehm, und H.D. grundsätzlich gut aufgelegt und einem Schwätzchen an der Theke nie abgeneigt. Oft genug kam es vor, dass man, bevor man das erste Kölsch bestellte, schon ein Mini vor sich stehen hatte. „Ein Stößchen aufs Haus zur Geschmackskontrolle“, pflegte H.D. dann zu sagen.
Fast immer lief kölsche Musik, und wenn die Stimmung ausgelassen war, setzte H.D. sich sein Hütchen auf, nahm seine Quetsch von der Ablage und ging musizierend und singend im Laden auf und ab. Die Gäste waren begeistert. Und schnell wurde mitgesungen. Zu seinen Stammgästen gehörten musikalische Legenden wie Ludwig Sebus und Hans Süper.
Nun, im Alter von 71 und nach über elf Jahren in seinem Laden, in dem er sich seinen Lebenstraum verwirklicht hat, hat sich der H.D. endlich aufs Altersruheteil zurückgezogen. Es war eine schöne Zeit mit ihm im Veedel, und seine Gäste werden ihn vermissen. Mach et jot, leeven Hans-Dieter, und genieße dein Leben. Du hast dir deinen Ruhestand wohlverdient.

3 Kommentare:

  1. Schönes Portrait einer Lokalgröße!

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  2. Toll geschrieben....und ich durfte einige Jahre an seiner Seite sein....es war eine wunderschöne Zeit....

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  3. Eine Lebende Legende geht in den wohlverdienten Ruhestand.
    Alles Gute Wünsche ich dir.

    Leide von weiter weg konnte ich nur 3x bei Dir einkehren.

    Jedoch mit Süper ; Woods ; und weiteren ... Schöne Stunden verleben.

    Danke dafür.

    Gruß JA

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