Meine Leib- und Magen-Postille kommt diesmal mit mehr Artikeln denn je daher, habe ich das Gefühl. Kein Wunder, wenn sie immer kürzer werden und sich damit begnügen, Themen anzureißen, statt sie erschöpfend zu beleuchten. Eine Entwicklung, die ich im vergangenen Jahr zuhauf beobachtet und mehrfach kritisiert habe. Ich hoffe, sie setzt sich nicht weiter fort. Musikalische Oberflächlichkeit findet sich anderenorts genug.
Ein bißchen von dem alten Rolling Stone-Gefühl vermittelt der Artikel "Ziemlich beste Bärte". Über wen wohl? Ich sage nur: texanische Rauschebärte. Den zweitmeisten Platz in der vorliegenden Ausgabe bekommen Tocotronic eingeräumt. Mit denen konnte ich noch nie etwas anfangen, aber dafür kann ja der Rolling Stone nichts.
Das Highlight ist, keine Frage, der Rückblick auf das Jahr 2012. Derlei lese ich immer gern. Einschätzungen, Listen, Rankings, Leser-Polls. Und gleiche sie mit denen in meinem Kopf ab. Daß unter den zehn besten Alben des Jahres die just veröffentlichten meiner Heroen Dylan, Young und Springsteen vertreten sind, gibt mir zu denken. Zeugt das nun von meinem guten Musikgeschmack, oder bin ich in der Hinsicht doch massenkompatibel? Speziell bei Neil Youngs anderthalbstündigem Werk Psychedelic Pill stimme ich der hohen Platzierung voll und ganz zu. Mit seinen mittlerweile 67 Lenzen legt Young mit Crazy Horse wieder mal ein Meisterwerk hin, das sich an der Vergangenheit orientiert und sich einen Dreck um irgendwelche zeitgenössischen Klänge schert. Anbiedern war seine Sache noch nie, und wer außer ihm wagt es heute noch, ein 27 Minuten dauerndes und drei weitere ziemlich lange Stücke auf ein Album zu packen? Großartig.
Daß die Leser Bruce Springsteen mit seiner E Street Band (für den Boss so etwas wie Crazy Horse für Neil Young) zum Live Act des Jahres küren, kann ja nur richtig sein. Auf der Bühne spielt Springsteen sämtliche Mitbewerber in Grund und Boden. Ich freue mich auf das Konzert im Juli, selbst wenn ich dafür ins Gladbacher Stadion fahren muß.
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