Allmählich wurde es Zeit für einen Sonnentag, und heute war er da. Da am durchgearbeiteten Wochenende gleich zwei Romanmanuskripte den Weg an die Verlage fanden, beschloss ich, einen arbeitslosen Montag einzulegen. Lange schlafen war angesagt. Das hatte ich schon lange nicht mehr getan. Doch wie das nun mal so ist, wenn man es sich vornimmt - ich war früher wach als beabsichtigt. Daher sichtete ich einen Stapel Comics, las mich durch das neue HRW-Fanclub-Magazin (eine Besprechung dazu folgt) und beantwortete einige Mails.
Danach ging es endlich hinaus ins Freie, mit kurzen Spaziergängen entlang der Sieg und des Rheins. Am Thieboldseck sagte ich ein paar Leuten "Guten Tag", gönnte mir im Reissdorf-Brauhaus ein wirklich leckeres Steak und machte mich anschließend auf den Weg zum Südfriedhof, um ein wenig Grabpflege am Grab meiner Großmutter zu betreiben und eine Kerze aufzustellen.
Am Nachmittag pilgerte ich in eins meiner Wohnzimmer, das Kölner Südstadion. Ich schaute beim Training einer Jugendmannschaft zu und ließ mir die Sonne auf den Pelz brennen. Das machte Durst. Dummerweise hatte ich nicht daran gedacht, dass das Fortuna-Vereinsheim montags geschlossen bleibt. Also wanderte ich durch den gleich nebenan liegenden Volksgarten, ein weiteres meiner Wohnzimmer. Dort bot sich der für solche Tage übliche Anblick: Spaziergänger, knutschende Pärchen im Gras und vereinzelte Jongleure. Ein buntes Bild, das komplettiert wurde durch quengelnde Kleinkinder, hyperventilierende Jungeltern und desillusionierte Altstudenten. Ein paar Passanten fütterten Wasservögel, eine unverzeihliche Todsünde, wenn man den Verbotsschildern Glauben schenken will.
Endlich erreichte ich den Biergarten und ließ mich an einem Tisch gleich am Wasser nieder. Statt Kölsch bestellte ich ein Weizen. Nur wenige Besucher hatten sich in die Anlage verirrt, der Biergarten war weitgehend leer. Ein intellektuell bebrillter Mitdreißiger versuchte wiederholt, Blickkontakt zu mir herzustellen. Ein flüchtiger Bekannter aus der Vergangenheit, an den ich mich nicht erinnerte, oder eine vereinsamte Schwuchtel mit Frühlingsgefühlen? Und hallo, Schwuchtel ist in Köln, der Hauptstadt der Schwulen und Lesben, ein gängiger Begriff und nicht negativ belegt. Wie auch immer, ich flirtete lieber mit meinem Weizen, da mich die dunkelhäutige Schönheit zwei Tische weiter ebenso ignorierte wie ich den Brillenträger. Ich beließ es schließlich bei dem einen Weizen, denn zum einen rollte nun doch eine düstere Wolkenfront heran, und zum anderen vernahm ich den Lockruf der Relegation.
Ich marschierte zurück zum Reissdorf und fand auf Anhieb einen freien Thekenplatz, voller Vorfreude auf das Spiel zwischen dem Karlsruher SC und dem Hamburger SV. Meine Sympathien waren dabei klar verteilt, nämlich völlig einseitig. Ich drückte dem KSC die Daumen für eine Rückkehr in die Bundesliga. Ich habe beileibe nichts gegen die Norddeutschen, liebe HSV-Fans, drum seid mir nicht gram, aber zwei Sachen nerven nur noch. Das ist zum einen das ewige Gerede vom letzten verbliebenen Bundesliga-Dino und zum anderen die unmöglich schnöselige Uhr im Hamburger Stadion, die endlich abmontiert gehört. Das Ergebnis ist bekannt, der HSV rettete sich im zweiten Jahr hintereinander glücklich durch die Qualifikation. Peinlich, peinlich.
Das Fazit lautet jedenfalls: ein ganz normaler Tag im Leben des Achim M. aus K. Morgen folgt ein weiterer ganz normaler Tag. Da begebe ich mich wieder unter die Ritter, denn die Fortschreibung an einem weiteren Manuskript wartet. Welches kann das wohl sein?
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