Sie sind die Senkrechtstarter der Kölner Musikszene, die fünf Jungs von Kasalla. Was soviel bedeutet wie Krawall oder Ärger. Sänger, Gitarrist, Bassist, Schlagzeuger und Keyborder machen deutlich, wohin die Reise geht, dazu ausnahmslos mit kölschen Texten. Es ist beeindruckend, wie die junge Mundartband in den gerade einmal zwei Jahren ihres Bestehens und mit inzwischen zwei Alben durchgestartet ist. Nicht ganz schuldlos daran ist sicher der Einsteiger Pirate, ihre erste Single-Auskopplung, die 2012 mit gehißter Flagge, Totenkopf und roter Nase wie ein Donnerschlag in den Karneval Einzug hielt.
Ein wenig werden sie seitdem dem Karneval zugeordnet, und dort haben sie großen Erfolg. Ansonsten werden sie sowohl im Rock als auch im Pop verortet, beides sicher nicht zu Unrecht. Für mich fallen sie schlicht und einfach unter das weite Feld des Kölschrock. Belege dafür sind die aktuellen Stücke Kumm mer lääve und Der Fluss, die meilenweit vom Karneval entfernt sind, das erste geistreich-lebensbejahend und mit einem witzigen Video produziert, das zweite nachdenklich, besinnlich und melancholisch, fast schon sentimental, ohne in Kitsch abzugleiten.
Eine besondere Leistung von Kasalla ist es, bei Kritikern gleichermaßen gut anzukommen wie beim Publikum. Ebenso bei Jung und Alt. Entsprechend gemischt war das Publikum im Gloria-Theater, wo ich sie jetzt zum ersten Mal live gesehen habe. Nach ihrer ersten Tour im vergangenen Sommer, die in drei ausverkauften Konzerten in der Live Music Hall gipfelte, wollten sie sich im Gloria-Theater mit einem Jahresabschlußkonzert verabschieden. Daraus wurden gleich vier aufeinanderfolgende Abende, allesamt ausverkauft.
Es ging los mit einem halben Dutzend rockiger Stücke, um die Zuschauer anzuheizen - was aber nicht nötig war. Denn von Beginn an hatten Kasalla ihr textsicheres Publikum bestens im Griff. Offenbar haben sie sich bereits eine respektable Fanschar erspielt. Ich kannte im Grunde kaum mehr als die Stücke, die bei youtube zu finden sind, und unter denen gibt es keinen Ausfall. Ich hätte jedoch nicht erwartet, daß die Band in der Lage ist, ein zweieinhalbstündiges Programm mit Leben, Intensität und guter Musik zu füllen. Das tat sie aber, was mich nun richtig neugierig auf die beiden Alben macht.
Kasalla verfügen über ein Repertoire, das man nach nur zwei Scheiben nicht erwartet und das sich über verschiedene Musikstile erstreckt. Rock, Balladen, ein bißchen Tanzmusik ist auch dabei. Alles, wie schon erwähnt, auf Köln. Hochdeutsch scheint bei den Jungs zumindest in musikalischer Hinsicht verpönt zu sein. Das ist gut so, und ich hoffe, das bleibt auch so. Davon können die Höhner sich eine Scheibe abschneiden.
Überraschungen gab es einige. Nach den anfänglichen elektrifizierten Fegern wurde mit klassischen Instrumenten in den Akustikmodus geschaltet. Kontrabaß, Cello, Xylophon statt Schlagzeug und die Quetsch. Sogar die durch Hans Süper populär gewordene Flitsch kam zum Einsatz, speziell beim Krätzchen Wenn ich Millionär wöhr, der ältesten sparsam instrumentierten musikalischen Vortragsform in Köln, wie man sie beispielsweise von Karl Berbuer oder Horst Muys kennt.
Gassenhauer wie Immer noch do haben Kasalla ebenso drauf wie irische Klänge oder ihren eigenen Beitrag zu Arsch huh. Auch auf musikalisch dicke Hose können sie machen. So geschehen bei den Einsätzen einer vierköpfigen Bläsersektion, bestehend aus zwei Trompeten, Posaune und Saxophon, oder bei der vokalen Unterstützung von drei Backgroundsängerinnen. Als zur Zugabe Pirate erklang, dachte ich, gleich hebt das Gloria ab. Das Programm war gleichermaßen gut wie abwechslungsreich. Ich erwähne es noch einmal: das alles nach erst zwei Jahren Bandbestehen und zwei Alben.
Dabei merkte man den fünf Musikern den Spaß an, den sie auf der Bühne und bei der Darbietung ihrer Lieder haben. Entwickelt Kasalla sich so weiter, bin ich gespannt, welche Hallen die Jungs in ein paar Jahren füllen werden. Gäbe es mehr neue, junge Bands wie sie - oder auch Cat Ballou - wäre mir um die Zukunft kölscher Mundartmusik nicht bange.
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