Die gute Nachricht war, dass Judas Priest eine Welttour absolvieren. Die schlechte, es ist die letzte der Heavy Metal-Ikonen um Rob Halford. Danach hören sie auf mit Touren. Nie wieder Priest sehen? Eine gewöhnungsbedürftige Vorstellung. Auf jeden Fall wollte ich noch einmal dabei sein, deshalb zog es mich nach Berlin. Da war ich sowieso lange nicht mehr. Ich mag Berlin.
Morgens um 4 Uhr fuhren wir los. 600 Kilometer Autobahn, rund 6 Stunden unterwegs, und die meiste Zeit regnete es. Trotzdem machten wir an der ehemaligen Grenzübergangsstelle Helmstedt-Marienborn Halt. Die ist zum Glück in großen Teilen erhalten geblieben und kann heute als Gedenkstätte besichtigt werden. Der graue Himmel paßte zu dem historischen Hintergrund. Später in Berlin spazierte ich, ganz Tourist, Unter den Linden entlang und durchs Brandenburger Tor. Danach wollte ich zum Checkpoint Charlie, ließ es aber, weil mich ein weiterer Wolkenbruch überraschte.
Stattdessen besuchte ich die trockene Marienkirche und anschließend das Brauhaus Mitte am Alexanderplatz. Dort traf ich mich am frühen Nachmittag mit Thomas Knip vom gleichnamigen Verlag. Thomas wiederveröffentlicht in Kürze meinen Kriminalroman Domstadt-Blues als eBook. Bei ein paar Humpen Zwickel, einem Berliner Saisonbier, unterhielten wir uns ziemlich lange über Phantastik im allgemeinen und Science Fiction im besonderen, über das Fandom, Cons und Musik. Natürlich auch über Judas Priest.
Dorthin ging es am Abend. Priest wurden von ihren Anhängern frenetisch gefeiert. Man wußte, es ist zum letzten Mal. Die Band spielte sich quer durch ihr rund vierzigjähriges Bestehen, selbst ein Stück von ihrem 1973er Debütalbum war im Set enthalten. Gegen Ende hin, bei Breaking the Law brauchte Rob Halford keine einzige Zeile zu singen, weil das Publikum das Stück von vorn bis hinten intonierte. Da Halford, der in ein paar Tagen 60 Jahre alt wird und auch auf der finalen Tour nicht auf seine geliebten Lederklamotten und Nieten verzichtet, dadurch seine Stimme schonen konnte, legte er sich beim darauf folgenden abschließenden Song umso vehementer ins Zeug. Painkiller geriet furios, so wie immer. Mit Electric Eye begann der Zugabenteil, zu Hell Bent for Leather kam Halford mit einem schweren Motorrad auf die Bühne gedonnert, und mit dem von mir sehnlichst geforderten Living After Midnight endeten gut zweieinviertel Stunden feinstes Metal-Spektakel.
Nach dem Konzert gingen wir zurück ins Hotel. Im Umkreis der O2-Arena gibt es nämlich - traurig, traurig - keine einzige Kneipe. Notgedrungen hockten wir uns also bis 3 Uhr nachts an die Hotelbar. Dann war Schlafenszeit angesagt, schließlich ging es am nächsten Morgen zurück nach Köln.
Und mit Liveauftritten von Priest soll es das nun gewesen sein? Wer weiß. Denn schließlich, wie viele Abschiedstourneen haben die Stones bereits hinter sich? Vielleicht überlegen Rob Halford und seine Mitstreiter es sich ja noch mal. In einem oder zwei Jahren, wenn sich die Bühnenabstinenz bemerkbar macht. Wäre schön.
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