Das dynamische Titelbild nimmt einen
auf den ersten Blick gefangen: ein sich aufbäumendes Pferd neben
einer bellenden Hundemeute, dazu im Hintergrund eine Figur, die an
einen Zauberer aus der einschlägigen Literatur erinnert und dem Bild
einen Hauch von Fantasy verleiht. Ich wurde auf Anhieb neugierig,
weil ich meinte, von dem Künstler noch nie etwas in einem Magazin
oder Fanzine gesehen zu haben. Kein Wunder, denn der Künstler
Hermann Vogel lebte von 1854 bis 1921. Im Heftinneren findet sich ein
Artikel samt Lebensgeschichte des Plaueners, der als einer der besten
und bekanntesten Illustratoren seiner Zeit galt. Unter anderem
illustrierte er Märchen von Christian Andersen. Noch heute stellt
das Vogtlandmuseum Plauen Werke von Vogel aus. Schöne Entdeckung
eines mir bis dahin völlig unbekannten Künstlers.
Ein anderer interessanter Mensch
scheint Luke Haas gewesen zu sein, „Den Toxkapp aus der Hiel“.
Was Toxkapp bedeutet, erschließt sich mir zwar nicht, aber Hiel ist
ein Stadtteil der Luxemburger Stadt Esch an der Alzette, die ich von
häufigen Durchfahrten mit dem Auto kenne. Luke, gebürtig Lucien,
Haas, dem Hans Simon einen längeren Nachruf widmet, war offenbar
eine bekannte Luxemburger Größe. Er gehörte als Sänger, Gitarrist
und Bassist verschiedenen Luxemburger Bands an, spielte dabei
Rock'n'Roll, Prog-Rock und Balladen nicht nur in Luxemburgisch,
sondern auch in Englisch, Französisch und Deutsch. Als
Schriftsteller verfasste er das „Luxemburger Rock-Lexikon“ und
den Bestseller „Luxemburger Rockstory“. Er war Comicsammler,
Comiczeichner und publizierte das schwergewichtige Comicbuch „Comics
in, aus und über Luxemburg“. Bemerkenswert ist, dass Luke Haas von
der Kultusministerin für seine Pionierarbeit gewürdigt wurde, das
kulturelle Leben in Luxemburg als Rockmusiker jahrzehntelang
mitbestimmt zu haben. Ein umtriebiger, kreativer Mann, der mir
bestimmt gefallen hätte, hätte ich ihn persönlich gekannt.
Zwei weitere Nachrufe finden sich in
der vorliegenden Ausgabe. Auch Sammlerherz gedenkt des verstorbenen
Hansrudi Wäscher, sowie zudem Dieter Lob, Sammler und profunder
Kenner der Szene. Um einen – allerdings schon lange –
Verblichenen geht es im Artikel „Georg Armstrong Custer – Die
Schlacht am Little Big Horn“ von Hans Erich Dingel, in dem der
Verfasser sich mit eben jenem Thema und Custers militärischer
Laufbahn beschäftigt. Was mich im ersten Moment verwunderte, ist so
erstaunlich gar nicht, dienten doch Custer, Crazy Horse und die
Schlacht am Little Big Horn nicht nur als Vorlage für diverse Filme,
sondern auch für eine Reihe von Comics. Erfreulich, dass Custers
Wirken – exemplarisch der Angriff und das Massaker an den Cheyenne
unter Black Kettle – durchaus kritisch betrachtet wird. Ein
lesenswerter Blick über den Tellerrand.
Ein wichtiger Bestandteil im
Sammlerherz ist die Fanszene. So findet sich ein Interview mit Detlef
Lorenz, dem Vater des „Logbuch des Robinson Crusoe“, sowie ein
weiteres mit dem Tarzan-Sammler Anton. Letzteren besuchte
Fragesteller Eckhardt Walter zudem zu Hause und berichtet samt
zahlreichen Bildern von einer Wohnung voller Tarzan-Schätze und
anderer Dinge.
Der erste Teil eines zweiteiligen
Artikels über – allerdings den neuen von Johann Kiefersauer –
Mecki führt mich zurück in meine Kindheit. Als kleiner Junge habe
ich auch Mecki gelesen, daran erinnere ich mich aber nur noch sehr
verschwommen. Thematisch verwandt ist die Erinnerung an Werbehefte
für Kinder in Comicform, wie sie vor einem halben Jahrhundert in
Geschäften verteilt wurden, sei es Rotkäppchen oder
Rumpelstilzchen, Der kleine Muck oder Max und Moritz. Wenn meine
Eltern mit mir Schuhe kaufen gingen, durfte das niemals in einem
anderen als in einem Salamander-Schuhgeschäft geschehen. Schließlich
gab es dort bei jedem Einkauf immer die kostenlosen Lurchi-Heftchen
dazu, sowie gelegentlich Gummifiguren von Lurchi oder seinen
Freunden. Leider hat bei mir nichts davon überlebt. Das Zeug dürfte
heute beim Verkauf einen ordentlichen Preis erzielen.
Neuland war für mich der Bericht über
„Saint-Tin und sein Freund Lou“, eine Persiflage auf Tim und
Struppi, die wegen Plagiatsverdachts sogar die französischen
Gerichte beschäftigte. Als selbst kreativ Schaffender stehe ich
dieser Tim und Struppi-Parodie äußerst skeptisch gegenüber.
Weitaus mehr erwärmen könnte ich mich vermutlich für das
französisch-belgische Comicepos „Hopfen und Malz“, das die
Geschichte einer Bierbrauer-Dynastie über einen Zeitraum von 150
Jahren erzählt.
Ein Comic darf nicht fehlen. Hier ist
es „Hauptmann Greko“ von Johannes Günther. Der Zeichenstil
gefällt mir sehr. Allerdings werfen die fünf Seiten der
Fortsetzungsgeschichte nicht mehr als ein kurzes Schlaglicht. Dies
dürfte jedoch, nehme ich zumindest an, dem für das Magazin
reichlich vorliegenden Material geschuldet sein. Gleiches gilt wohl
auch für die siebenseitige Romanfortsetzung „Arthur – Die
Odyssee“ von Hans Simon, illustriert ebenfalls von Johannes
Günther. Der Text kommt nämlich ziemlich gedrängt daher, der Satz
könnte durchaus ein wenig mehr Auflockerung und Struktur vertragen.
Aber bei der Fülle des Materials, das die Herausgeber in ihrem
Magazin unterbringen, ist das ein Jammern auf hohem Niveau.
Abgerundet wird die vorliegende Ausgabe
durch die Sammlerherz Extrablätter, einen launig-bebilderten Bericht
über die Bettelarmbänder Charms und eine Rezension zur
Trigan-Neuauflage bei Panini. Während ich Storm schon als
Jugendlicher klasse fand, habe ich zu Trigan nie einen Bezug
gefunden. Römer im Comic-Weltraum? Das passte für mich einfach
nicht zusammen.
Sammlerherz 17, herausgegeben von Hans
Simon und Eckhardt Walter, kommt ausgesprochen abwechslungsreich
daher und berührt auch Themen, die ich nicht unbedingt erwarte, die
aber dennoch oder gerade deshalb zum Schmökern einladen. Die
vollgepackten 68 Seiten im Magazinformat sind professionell
aufgemacht, wunderbar bebildert und durchgängig lesenswert.
Weitere
Informationen findet der Interessierte hier: www.sammlerherz.com.
Dort kann man das Magazin auch bestellen.
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